Fritz und Anni

Das Buch erzählt das Leben meiner Grosseltern. Anni hatte Jahrgang 1913. Fritz wurde 1911 im Schwarzwald geboren und kam 1930 in die Schweiz. Die beiden lebten in Frenkendorf und Füllinsdorf.

Leserprobe: dr chlei Bueb

 

Fritz hiess mit vollem, bürgerlichen Namen Fridolin. Er wurde am 3. März 1911 in Obereschach, einem kleinen Bauerndorf in der Nähe von Villingen geboren. Die Eltern mussten es bunt getrieben haben. Jedenfalls war die Familie beeindruckend kinderreich. Fritz war die Nummer 11 von sage und schreibe 13 Kindern. Vollbracht hatten dieses Werk die Eheleute Johann und Maria Burkhart, geborene Hall. Fridolins Eltern hatten einen Dorfnamen: s'Wälderbecke. Als Jüngster von sechs Söhnen nannte man Fridolin im Umkreis der Familie dr chlei Bueb. Erst viel später, als er sich im besten Mannesalter in der Schweiz niederliess, nahm er den Namen Fritz an. Und so sollte er bis an sein Lebensende gerufen und geliebt werden. Fritz und seine spätere Frau Anni hatten als Kinder dieselbe Ausgangsposition. Beide kamen in einer mausarmen Grossfamilie zur Welt, beide wuchsen in einem abgelegenen Landstrich auf – Anni in einem Krachen im Baselbiet in der Schweiz und Fritz in einem Kaff im Schwarzwald in Deutschland. Trotz diesen Parallelen waren die Startbedingungen für Fritz eindeutig schwieriger. Dies hing ganz einfach mit der historischen Entwicklung seines Vaterlandes, also Deutschland zusammen. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war das schwärzeste Kapitel in der Geschichte Europas. Diesem unglücklichen Gang der Geschehnisse war Deutschland ungemein mehr ausgeliefert als die Schweiz.

 

Leseprobe: Der Lebensbund

 

Mit grosser Bestimmtheit ging alles ruckzuck. Wahrscheinlich ein paar Wochen oder Monate nach dem Kennenlernen fanden sie zueinander und – naja – wohl auch ineinander. Tatsächlich gab es schon am 10. November 1932 in Reigoldswil eine überaus zügig anberaumte Hochzeit. Soweit bekannt ist, haben die beiden nicht kirchlich geheiratet. Das hatte einen ganz bestimmten Grund. Anni war schwanger. Heinz kam am 2. April 1933 zur Welt. Man rechne: Neun Monate zuvor, das war irgendwann im Juli 1932. Zum Zeitpunkt der Heirat musste Anni also bereits im vierten Monat schwanger gewesen sein.

 

Auf keinen Fall konnte das Kind unehelich zur Welt gebracht werden. Also gab es zur sofortigen Ehe keine Alternative. Heinz drückte schon kräftig gegen die Bauchwand. Es liess sich nichts verbergen. Da verzichtete man auf kirchlichen Firlefanz. Trotz dieser hastigen Ausrichtung sollte die Ehe von Fritz und Anni ein absolutes Erfolgsmodell werden. 52 lange Jahre dauerte dieser Bund, der wirklich ein Bund fürs Lebenwar. Es war erst der Tod, der die beiden schied, der Tod von Fritz 1985.

 

Leseprobe: Die Einbürgerung

 

Nach dem Ende des Krieges hatten Fritz und Anni die schlimmsten Turbulenzen überstanden. Nun wollte man sich einbürgern lassen. Fritz war ja Deutscher. Aber auch Anni und die Kinder hatten einen deutschen Pass. Anni verlor durch die Heirat mit Fritz ihre Schweizer Staatsangehörigkeit. Und die Kinder erhielten automatisch das Bürgerrecht der Eltern, waren also von Geburt an Deutsche – obwohl sie gar nie in Deutschland gewohnt hatten. Die Mutter und die Kinder fühlten sich ausschliesslich als Schweizer. Sie kannten nichts anderes als die Schweiz, die sie eindeutig als ihre Heimat empfanden. Ansonsten war man pingelig genau auf den guten Ruf der Familie bedacht. Man hatte keine Schulden, einen makellosen Leumund, die Steuern zahlte man stets überpünktlich. Heute würde man sagen: Die Familie war in jeder Hinsicht integriert, eigentlich gar keine richtigen Ausländer.

 

So sah man einer Einbürgerung zuversichtlich entgegen. Doch dieser Optimismus zerfiel ziemlich rasch. Das Verfahren stiess auf ungeahnte Widerstände. Man muss sich dazu vergegenwärtigen, dass der 2. Weltkrieg noch in frischer Erinnerung war, auch in der Schweiz. Die Deutschen hatten hierzulande wie anderswo einen schlechten Ruf, was nach den Gräueln des
Krieges und des Holocaust nicht erstaunen konnte. Sie waren die Täter, die Bösen, die Geächteten.


Die Familie Burkhart hatte bereits früher einschlägige Erfahrungen mit Ressentiments gegen Deutsche gemacht. Man muss sich der Problematik also bewusst gewesen sein, dass Deutsche in der Schweiz nicht eben mit offenen Armen empfangen wurden. Etwas anderes konnten sie jedoch nicht erahnen, zumindest nicht in dieser Härte: dass die an sich verständlichen Vorbehalte gegenüber Deutschland so pauschal ausgelebt wurden, dass man nicht das individuelle Schicksal der Familie würdigte, sondern sie stereotyp als deutsch abqualifizierte und piesackte.

 

128 Seiten.

Preis: CHF 20.-

Bestellung per E-Mail an: stefan.burkhart@gmx.ch

 

Konfirmationsfoto von Anna 1929
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Erstes Heim von Fritz und Anni in Frenkendorf am Schmittenplatz
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Familie Burkhart 1943: Anni, Urs, Hein, Kurt, Fritz (v.l.)
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Anni 1943 mit Heinz, Kurt und Urs (Baby)
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Anita und Urs
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1. Kommunion von Anita mit Gotten Alma (l.) und Frieda
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Urs in der 3. Klasse
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Fritz als Knecht bei Bauer Moser im Schönthal
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Kurt kurz vor seinem Tod 1954
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Fritz kurz vor seinem Tod
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Anni am 80. Geurtstag mit Emilia
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Hochzeit von Heinz und Lotti
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Einbürgerungsgesuch an die Gemeinde Nusshof
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Familienwanderung 1979
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Auf einer Reise 1983
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